Alte Farbdias

DER AGFACOLOR-NEU-UMKEHRFILM 1936-1945

Agfa (Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation) in Berlin-Treptow, Lohmühlenstr. 65-67, forschte bereits seit 1908 im Bereich der Farbfotografie. 1931 begann die Agfa Filmfabrik in Wolfen dann mit der Produktion eines Farbaufnahme- und Kopierfilms zur Herstellung von Kinofilmen. Auch im Bereich der Farbfotografie machte Agfa Mitte der 30er Jahre große Fortschritte. Im Januar 1936 gelang der Durchbruch bei dem Mehrschichtfarbfilm und im August wurde der Agfacolor-Umkehrfilm (Farbpositivfilm = Farbdias) erstmalig bei den Olympischen Spielen in Berlin von Fotografen getestet. Mitte Oktober 1936 wurde das Agfacolor Neu-Verfahren dann in Form eines Farbdiafilms für Tageslicht und einem Schmalfilm der Öffentlichkeit vorgestellt. Ab November 1936 war der Agfacolor Neu-Umkehrfilm für jedermann im Fotofachhandel zu erwerben. Der Preis für einen 36er Film Betrug 3,60 Reichsmark, was einem heutigen Preis von etwa 12-15 Euro entspricht. Der Farbdiafilm hatte aber noch viele Mängel. Neben der geringen Lichtempfindlichkeit, die es nicht zuließ bewegt Objekte zu fotografieren, waren die starken Qualitätsschwankungen in der Produktion ein großes Problem. Trotzdem erfreute sich der Diafilm großer Beliebtheit. Von Januar bis Juli 1937 entwickelte Agfa in der Entwicklungsanstalt in Berlin bereits 21.320 Filme, was 768.960 Dias entspricht. Alleine aus dieser Zahl ist ersichtlich, daß die Farbfotografie bereits 1937 weit verbreitet war. Die Filme mußten im übrigen vom Fotografen in einer durch einen Aufkleber verschlossenen Blechdose an die Entwicklungsanstalt gesandt werden.

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Packung vom Agfacolor-Umkehrfilm

Auch in Entwicklungslabors in Paris, London, Kopenhagen, Stockholm und Arnheim wurde der Film entwickelt. Ende 1937/Anfang 1938 gelang es durch die Zugabe von Goldverbindungen die Empfindlichkeit des Agfacolor Neu Umkehrfilms deutlich zu erhöhen. Jetzt konnte der Film mit 15/10° DIN (ISO 32) angeboten werden.Ab 1938 wurde er nur noch als Agfacolor-Umkehrfilm bezeichnet. An dem Film veränderte sich in den folgenden Jahren nichts mehr, da sich die Forschung bei Agfa primär auf Verfahren für die Kinoindustrie und Farbabzüge auf Papier konzentrierte. Da die Qualität der Dias maßgeblich von der Verarbeitung abhing, sorgten die unterschiedlichen Bedingungen in den verschiedenen Entwicklungsanstalten für sehr differierende Ergebnisse. Aus diesem Grunde wurde bereits 1941 die Entwicklung der Agfacolor Umkehrfilme im Ausland eingestellt und der Film einzig in der Agfa Umkehranstalt in Berlin bearbeitet. Erst 1942 widmete man sich bei Agfa wieder der Verbesserung des Agfacolor-Umkehrfilms. Das Ergebnis war Anfang 1943 ein in der Farbwiedergabe, Tonwertabstufung und Haltbarkeit verbesserter Film. Rohstoffmangel und fehlende Fachkräfte behinderten die Produktion und Entwicklung des Umkehrfilms in den letzten beiden Kriegsjahren jedoch stark.

Am 29. Januar 1944 wurde die Agfa-Entwicklungsanstalt für Umkehrfilme in Berlin-Treptow durch einen Bombenangriff zerstört. Daraufhin richtete Agfa in den angrenzenden Räumlichkeiten der Phototechnischen Zentrale der Agfa eine provisorische Entwicklungsstrecke ein. Unter diesen Bedingungen und ständigen Fliegeralarmen kam es bei der Entwicklung erwartungsgemäß zu Fehlern und sehr ungleichmäßigen Ergebnissen. Aus diesem Grunde wurde daher auch in den Agfa Filmwerken in Wolfen wieder verstärkt mit der Entwicklung der Umkehrfilme begonnen. Ende 1944 war die Umkehranstalt in Berlin aber wieder aufgebaut und entwickelte ebenfalls wieder.

In den letzten beiden Kriegsjahren stand der Agfa Color Umkehrfilm fast nur noch den Kriegsberichtern der Wehrmacht oder im Auftrage der Nationalsozialisten arbeitenden Fotografen zur Verfügung. Auch die Kriegsberichter beanstandeten im Sommer 1944 die schwankenden Ergebnisse bei der Entwicklung der Filme. In den Wehrphotografische Mitteilungen Heft 4 vom Mai/Juni 1944 wurde ferner darauf hingewiesen, das der empfindliche Film gegen äußere Einflüsse zu schützen sei, um ihn nicht bereits vor der Verwendung zu schädigen. Es wurde darauf hingewiesen, das der Film bei wärmerer oder zu feuchter Lagerung bereits deutlich vor dem Verfallsdatum mit Blau- und Grünstich reagierte. Es wurde deshalb ein schnelles „Abfotografieren“ der Filme und keine große Lagerhalterung empfohlen. Besonders interessant ist, das in dem oben erwähnten Mitteilungsblatt berichtet wird, das der Agfa Color Umkehrfilm auf Fehlbelichtungen mit Farbstichen reagierte. Es wurde daher dringend die Verwendung eines Belichtungsmessers empfohlen. Ferner riet das Blatt von Aufnahmen bei hochstehender Sonne mit starken Schatten ab und legte den Bildberichtern nahe, bei verhangener Sonne zu fotografieren. Am Ende des Artikels gibt der Autor den Kriegsberichtern 10 Gebote für die Verwendung des Agfacolor-Umkehrfilms mit auf den Weg. Das 10. und letzte Gebot lautet: „Deine Farbfilmarbeit ist Pionierarbeit, Deine besseren Ergebnisse werden neue Anwendungsgebiete erschließen und der Fabrikation die Wege zu weiteren Verbesserungen weisen!“

Im April 1945 mußte die Entwicklung in Berlin und Wolfen nach Zerstörungen und Besetzung durch die Amerikaner bzw. Sowjets eingestellt werden, doch schon bald nahm Agfa in Westdeutschland seine Farbfilmproduktion wieder auf.

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